Immobilienvermietung mit MwSt.: ab 01/2019 gibt es die Wahl

Im Prinzip waren die Mieten immer schon von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen. Der europäische Gesetzgeber hat den nationalen Gesetzgebern aber die Wahl gelassen, eine Optionsmöglichkeit für die Steuerpflichtigen zu schaffen.

Das Gesetz vom 25. Oktober 2018 erlaubt es unter gewissen Voraussetzungen dem Vermieter, die Miete der Mehrwertsteuer zu unterwerfen. Dies kommt in Belgien einer kleinen Revolution gleich. Bisher wurde strikt darauf geachtet, dass alle Mietverträge mehrwertsteuerfrei waren.

Der Staat hat dabei weniger die günstigen Mieten im Visier, sondern will verhindern, dass der Eigentümer der Immobilie die gesamte Mehrwertsteuer auf die Baukosten auf einen Schlag zurückerstattet erhält. Dies ist nämlich die Kehrseite der Umsatzsteuermedaille.

Im Rahmen einer geschäftlichen Vermietung ist es natürlich interessant, die Mieten der Mehrwertsteuer zu unterwerfen. Einerseits erhält der Vermieter die Vorsteuer auf die Erstellungskosten der Immobilie zurück, andererseits kann das Unternehmen, welches das Gebäude zu geschäftlichen Zwecken nutzt, die Mehrwertsteuer auf die Miete ebenfalls als Vorsteuer geltend machen.

Wer diese Option für sich beanspruchen möchte, muss folgende Kriterien erfüllen:

  • Die Wahl muss ausdrücklich von beiden Vertragsparteien gewählt werden; hierzu bietet sich der Mietvertrag selbst an.
  • Der Mieter muss mehrwertsteuerpflichtig sein. Darunter fallen aber auch befreite Kategorien, wie z.B. die Ärzte.
  • Der Mieter muss das Mietobjekt beruflich nutzen und zwar für die Tätigkeit, für die er als Mehrwertsteuerpflichtiger eingetragen ist.
  • Die erste Fälligkeit der Mehrwertsteuer muss nach dem 01.10.2018 liegen.
  • Die Miete muss ein normales Niveau erreichen. Sie darf nicht „zu niedrig“ sein.

Diese letzte Bedingung des normalen Mietniveaus wurde geschaffen, um Missbräuchen vorzubeugen. Eine zu geringe Miete, die unter dem normalen Mietpreisniveau liegt, würde dazu führen, dass die geltend gemachte Vorsteuer auf den Bau der Immobilie niemals durch die Mehrwertbesteuerung der Mieten eingenommen würde.

Wenn ein solcher Fall von zu niedrigeren Mieten vorliegt und insbesondere, wenn dies auf eine Verbindung zwischen Mieter und Vermieter zurückzuführen ist (z.B. ein Anteilseigner einer Gesellschaft vermietet diesem Unternehmen seine Immobilie zu einer sehr vorteilhaften Miete), kann die Mehrwertsteuerverwaltung die Geltendmachung der Vorsteuer begrenzen.

Mit dieser Option geht auch eine Verlängerung der Revisionsfrist auf 25 Jahre einher. Es ist somit ausgeschlossen, dass ein Gebäude erbaut wird und nur für 15 Jahre mit Mehrwertsteueroption vermietet wird, um danach wieder privat genutzt zu werden.

Die Option gilt ausschließlich für neu errichtete Gebäude und nicht für bereits am 1. Oktober 2018 bestehende Immobilien.

Dies gilt nicht für die Besteuerung von Lagerhallen, die nach wie vor zwingend der Mehrwertsteuer unterliegen. Jedoch wurden die Kriterien gelockert und bei einer Vermietung von (neuen) Geschäftsräumen mit angegliederten Lagerhallen ist eine Option sowieso möglich.

Wer also eine Lagerhalle und Verkaufshalle mietet, die zu mindestens 50 % als Lager genutzt wird, kann sich für die Option entscheiden. Dazu muss es sich nicht um ein neues Gebäude handeln. Allerdings dürfen höchstens 10% für Verkaufszwecke genutzt werden.

Wie die Geltendmachung der Vorsteuer auf die Erstellung des Gebäudes aussieht ist unseres Erachtens aber noch nicht geklärt.

Die kurzzeitige Vermietung (unter sechs Monaten) wird ab dem 1. Januar 2019 sogar generell der Mehrwertsteuer unterworfen. Ausnahmen gibt es u.a. für Vermietung zu Wohnzwecken oder an Organisationen ohne Gewinnerzielungsabsicht, sowie die Verwendung zu sozio-kulturellen Zwecken.

Das Thema Immobilien und Mehrwertsteuer wird sicherlich noch einigen Diskussions- wenn nicht sogar „Sprengstoff“ zu bieten haben.

So ist z.B. die Verlängerung der Revisionsfrist auf 25 Jahre nach Ansicht des Staatsrates nicht mit der Mehrwertsteuerrichtlinie vereinbar. Des Weiteren ist fraglich, ob die (durch die Verwaltung per Pressemitteilung bekanntgegebene) Regel, dass die historische Mehrwertsteuer nur in der Höhe der auf die Vermietung angefallenen Mehrwertsteuer geltend gemacht werden kann, mit dem Neutralitätsprinzip vereinbar ist.

Rainer Palm, Rechtsanwalt
Herbert Weynand, Steuerberater